Geschichte des Chorgesangs und des Kirchenchores in Lauffen am Neckar
Der Chor der Regiswindiskirche Lauffen am Neckar ist eine unselbständige Einrichtung der Evangelischen Kirchengemeinde Lauffen. Ein Gründungsdatum ist nicht bekannt und konnte aus den pfarramtlichen Unterlagen nicht erhoben werden.
Vorstufen: Mehrstimmiger geordneter, geprobter Gesang im Gottesdienst und bei Amtshandlungen:
Der Stadtarchivar von Lauffen, Herr Dr. Norbert Hofmann, hat die beiden ersten Bände der Protokolle durchgesehen und kommt zu folgendem Ergebnis:
0„Die Lauffener Kirchenkonventsprotokolle (Evang. Pfarrarchiv Lauffen Nr. 30) bilden eine wertvolle und teilweise sehr reichhaltige Quelle für die Kirchenmusik in Lauffen. Dabei ist die Gewichtung sehr unterschiedlich: Band 1 enthält eine Fülle von Angaben; der 1666 einsetzende Band 2 beschränkt sich dagegen fast ganz auf die Kirchenzucht.“
Eine Orgel gibt es seit 1480 in der Regiswindiskirche. Es ist also ein Instrument zur Begleitung des Gemeindegesangs vorhanden. Daneben gibt es den Gesang der Schulbuben und jungen Männern, wahrscheinlich eine Art Schola für die Liturgie, die für den normalen württembergischen reformierten Gottesdienst ungewöhnlich erscheint. Für diesen Gesang muss geprobt werden.
Zum Gesang in der Regiswindiskirche wird vermerkt:
Seite 1 von 1647 November 5
Jung Wolf Lutz ist wegen deren zu dem Gesang tauglichen Buben gefragt worden: Hat angeben Hans Jakob Schäffer, Hans Böllin (?), und Bernhard Eckhart, Ludwig Wöhrtmann, Stoffel Saiffensieder, Michel Mettner, Matthäus Dörren.
Seite 54 von 1651 Juni 1
- Ist geklagt worden, daß die Schulknaben nit fleißig sonntagabends in die Predigt und zum Gesang kommen: Den Praeceptoribus solle befohlen werden, die absentes fleißig aufzuzeichnen, damit selbige hernacher darum gestraft werden mögen.
Seite 59 von 1651 November 10
- Die Praeceptores klagen, das Gesang in der Kirche sei wegen der kleinen Knaben gar zu schwach: Sollen etliche Männer und junge Gesellen darzu angehalten werden, daß sie neben die Praeceptores herfürstehen, benanntlichen Matthäus Dörr, jung Wolf Lutz, Martin Eberbach und Zachar Winter.
Seite 117 von 1656 Dominica 6. post trinitatis
Ist klagt worden, daß die Buben, die bei der Letanei intonieren, ohne Mäntel dastehen.
Conclusum: ist befohlen worden, daß hinfür, die die Letanei intonieren, ihre Mäntel haben sollen (zuvor schon war beschlossen worden: Wer einen Mantel hat muß ihn in der Kirche tragen).
Der erste öffentliche Bericht über den Chor findet sich im 2. Jahrgang der 1893 erstmals erscheinenden „Neckarglocke – Amtsblatt für Stadt und Dorf Lauffen und Umgegend“. Er beweist, dass der Chor schon eine gute Resonanz erfuhr.
(die vorhandenen Ausgaben dürfen leider nicht kopiert werden)
Ausgabe am 24. Februar 1894
Lauffen am Neckar, 22. Februar
Am gestrigen Abend veranstaltete der hiesige Kirchenchor im Gasthaus zum Hirsch eine musikalische Aufführung. Eine überraschend große Zahl von Musikfreunden war der Einladung des Vereins gefolgt. Das sehr reichhaltige und abwechslungsreiche Programm mit 14 Nummern: Gemischte Chöre, Sopran- und Bass-Solis, Violinvorträge mit Klavierbegleitung, Klavierstücke für vier Hände und zwei komische Stücke. Der Vortrag der gemischten Chöre ließ eine tüchtige Schulung erkennen und zeugte von einem erfreulichen Fortschritt des Kirchenchors….
So dürfen denn alle, Mitwirkende und Gäste, mit dem Gefühl der Befriedigung auf einen schönen, genussreichen Abend zurückblicken. Möge der Verein aus dem prächtigen Gelingen dieses ersten Versuchs die Veranlassung nehmen, seine Freunde auch künftighin durch Entfaltung seiner vielseitigen Kräfte zu erfreuen. Der gestern so reichlich gespendete Beifall hat gezeigt, dass schöne Leistungen eine dankbare Aufnahme finden. Der Mangel eines geeigneten Lokals, der leider auch gestern sich fühlbar machte, muss eben vorerst noch ertragen werden; vielleicht kommt auch hier bald jemand zu der Überzeugung, dass an einem verkehrsreichen Platz wie Lauffen mit über 4000 Einwohnern ein großer Saal ein deutliches Bedürfnis sei.
Protokoll des Kirchengemeinderates Band 2 – 1898 – 1910,
07.11.1902 (Seite 99)
Es wird im Kirchengemeinderat Mitteilung gemacht von der erfolgten Ernennung des Schullehrers Götz aus Sulzbach/Backnang auf die erledigte vierte Schulstelle. Er soll angefragt werden, ob er den Kirchenchor zu übernehmen bereit wäre.
Bei der Gelegenheit wird von mehreren Mitgliedern ihre Klage ausgesprochen, es möchten vom Kirchenchor mehr einfache, ungekünstelte, allen verständliche Lieder gesungen werden, womit das Kollegium sich ganz einverstanden erklärt.
- Dezember 1902 (Seite 104)
Kirchenchor: Wegen vorhandener Bedenken wird der Kirchenchor nicht dem neu aufgezogenen Lehrer übergeben, sondern Herr Oberlehrer soll gebeten werden, solange seine Kräfte reichen bzw. bis ein anderer Weg gefunden ist, den Chor zu übernehmen.
- November 1903 (Seite 120)
„Herr Oberlehrer Bittlingmeier bittet um Enthebung von der Leitung des Kirchenchores (aus Gesundheitsrücksichten).
Nach längerer Besprechung der Sachlage wird beschlossen, die Leitung vom 01. November dieses Jahres in widerruflicher Weise Herrn Schullehrer Hahn zu übertragen.
Es soll ein schriftlicher Vertrag darüber abgeschlossen werden und dem Kirchengemeinderat in der nächsten Sitzung vorgelegt werden.
Dezember 1905 (Seite 166 f)
Kirchengemeinderat Gittinger fragt an, ob es dem Kirchenchor gestattet sei, Aufführungen außerhalb der Kirche mit nachfolgender geselliger Unterhaltung zu veranstalten; worauf der Vorsitzende erwidert, dass nach dem mit dem Dirigenten des Kirchenchores abgeschlossenen Dienstvertrag dem Kirchenchor allerdings nur mit Genehmigung des Kirchengemeinderats gestattet sei, außerhalb der Kirche Aufführungen zu veranstalten. Der Dirigent habe dem Vorsitzenden das Programm vorgelegt, das neben einem Chor ernsteren Inhalts, nur die „Niederländischen Lieder nach Kremser“ als Leistung des Kirchenchors enthalten habe, der Vorsitzende daran keinen Anstoß nehmen können, und die nachfolgende kurze gesellige Unterhaltung sei als Ersatz für die Wirtschaft angeschlossen worden, weil auf Wunsch der Vorsitzenden …. das Konzert nicht ….. worden sei – übrigens seien solche Aufführungen des Kirchenchors etwas, was Land auf, Land ab gebräuchlich sei und auch hier nichts Neues, es haben auch früher schon Aufführungen außerhalb der Kirche stattgefunden. Nachdem noch mancher Redner sich dazu ausgesprochen, daß man den Kirchenchor doch nicht zu sehr einschränken dürfe, und daß die Anwesenheit der Eltern der Sänger und Sängerinnen doch die Garantie biete, daß alles anständig verlaufe, wird der Gegenstand verlassen.“
- Oktober 1909 (Seite 249)
„Die Stelle des Chordirigenten wird bei der schriftlichen Abstimmung mit 8 Stimmen unter den bisher geltenden Bestimmungen dem Schulleiter Bruker übertragen.“
Protokoll des Kirchengemeinderats Lauffen Band 3 – Oktober 1910 – März 1925
- Januar 1911 (Seite 9)
„Der Leiter des Kirchenchors stellt an den Kirchengemeinderat das Anliegen, dem Kirchenchor die Erlaubnis zu geben, ein Konzert mit kleinen eingefügten Theaterstücken im Schwanensaal halten zu dürfen. Der Kirchenchor möchte dadurch vor allem die nötigen Mittel zur Anschaffung von Notenmaterial gewinnen.
Der Kirchengemeinderat bespricht eingehend diese vorgelegte Bitte, kommt aber einstimmig zu dem Schluss dem Kirchenchor als solchem die Aufführung von theatralischen Stücken nicht gestatten zu können, da das kirchlich gesinnte Gemeindeglieder anstößig finden würden.
Es wird dem Kirchenchor vorgeschlagen, zu dem genannten Zweck in der Kirche ein Konzert zu halten, andernfalls das Vereinshaus hierzu zu benutzen, das gerne zur Verfügung gestellt würde.“
September 1912 (Seite 53)
Um die Stelle des Kirchenchordirigenten, die wieder zu besetzen ist, nach dem Wegzug von Hauptlehrer Bruker, hat sich nur Hauptlehrer Bickel von hier beworben. Er beruft sich auf seine Erfahrung in der Leitung in verschiedenen Gesangvereinen. Es wird im die Stelle übertragen und ein neuer Vertrag mit ihm eingegangen.
August 1920 (Seite 282)
Kirchenchordirigent Bickel bittet um Erhöhung seiner Belohnung. Der KGR beschließt, ihm zu seiner …maligen Belohnung eine fortlaufende Teuerungszulage von 100 Mark vom 01. April 1920 ab zu bewilligen. Die den Sängern des Kirchenchors bisher jährlich gereichte Belohnung für Teilnahme an den Proben wird gleichzeitig von 72 Mark auf 150 Mark erhöht.
Quellen:
Kirchenkonvents- und Kirchengemeinderats-Protokolle der Evang. Kirchengemeinde Lauffen
Archiv des Ev. Pfarramts Lauffen am Neckar
Presseorgane:
Neckarglocke – Amtsblatt für Stadt und Dorf Lauffen und Umgegend – später Neckar-Rundschau
1893 – 1968
Heilbronner Stimme – Zeitung für die Region Franken (seit 1947) Auflage ca. 250.000