17.04.2012 Regiswindiskirche Palmsonntag

 

Carl Loewe – Passionsoratiorium

2012-04-17  Palmsonntag

Heilbronner Stimme : 20.11.2011

Ein Mensch in seiner Qual

Lauffen – „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ komponiert von Carl Loewe, getextet von Wilhelm Telschow, ist ein Passionsoratorium, das man nicht oft zu hören bekommt. In der Regiswindiskirche wurde es 1926 schon einmal aufgeführt. 85 Jahre später hat es Hartmut Clauß mit dem Chor noch einmal einstudiert.

Von Ulrike Maushake

Lauffen – „Das Sühnopfer des neuen Bundes“ komponiert von Carl Loewe, getextet von Wilhelm Telschow, ist ein Passionsoratorium, das man nicht oft zu hören bekommt. In der Regiswindiskirche wurde es 1926 schon einmal aufgeführt. 85 Jahre später hat es Hartmut Clauß mit dem Chor noch einmal einstudiert.

Mit dieser Anknüpfung an die Konzertgeschichte der evangelischen Kirchengemeinde Lauffen verabschiedet sich der Dirigent von seinem Chor, den er 34 Jahre lang geleitet hat. Die mitreißende Komposition, veröffentlicht um 1850, spricht vor allem die Gefühlswelt an. Vom ersten Takt an verfolgen die Zuhörer das Geschehen, das ihnen wie auf einer Bühne präsentiert wird. Es ist weniger der Gottessohn, der hier verraten, verhört, gefoltert und schließlich gerichtet wird. Es ist vor allem ein Mensch in seiner Qual.

80 Sänger, die mit gesammelter Kraft zu einem „Lobet, ihr Knechte, den Herrn“ ansetzen, mit dem Lehrerorchester der Musikschule und vier Solisten lassen das Publikum in der vollbesetzten Kirche erschauern. Geführt von der Komposition eines Meisters, der sehr eigene dramaturgische Ideen umsetzte.

Immer wieder fungieren Sänger und Musiker als Beleuchter, tauchen den Garten von Gethsemane, die Schädelstätte, in das diffuse Licht eines bösen Mondes. „Weh mir, wohin soll ich entfliehen?“: Ein Schwarm wilder Hornissen, das Gewissen des Judas. „Lass“ ihn kreuzigen!“: Wüst, der geifernde Mob, der sich dem Appell an Vernunft und Menschlichkeit verschließt. Ergreifend die Stille, in die Pontius Pilatus hineinruft: „Seht, was für ein Mensch!“ Diesen gestaltet Christian Wilms mit einer tragenden Tenorstimme voller Mitgefühl. Erbarmen vermittelt der weiche, volle Alt von Zografia-Maria Madesi. Passend zu ihrer kristallklaren Kunst, der Name der Sopranistin: Karolin Leucht. Behutsam und zurückhaltend agiert der Bass Sungmin Kim.

Fein herausgearbeitete, starke Kontraste, Dramatik, emotionale Wucht: Das aufgewühlte Publikum will vor allem den Dirigenten feiern. Bescheiden wehrt Hartmut Clauß ab und verschwindet in den Schutz des Kirchendunkels.

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